Zu meiner Entwicklung und meinem Werk
Indizien zur Interpretation der Bildwelt liefert zunächst meine Biographie. Entscheidende Impulse gehen vom Studium der Philosophie und Theologie aus.
Das zentrale Thema, das meine gesamte künstlerische Entwicklung bestimmt und prägt, ist die Frage nach grundlegenden Bedingungen und Befindlichkeiten der menschlichen Existenz. Ich versuche die verzweifelte Suche des Individuums nach der Mitte, nach transzendentem Halt, nach Sinngebung zum Ausdruck zu bringen. Der Einzelne erscheint in seiner existentiellen Einsamkeit, in dem Spannungsverhältnis zwischen Ich und Welt, gepeinigt von der inneren Zerrissenheit angesichts der Antagonismen, denen er sich ausgeliefert sieht.
Den Beginn meines künstlerischen Schaffens in den 60er Jahren bilden Versuche lyrischer Gestaltung. Erprobt werden Möglichkeiten, Sprache ihrer konventionellen Funktionalität zu entheben und zum Material der oben beschriebenen Sinnsuche zu machen, wobei die Lust an der kreativen Entgrenzung eine entscheidende Rolle spielt.
Das Forschen nach immer neuen ästhetischen Ausdrucksformen veranlasst mich in den 70er Jahren, mich ausschließlich der Malerei zuzuwenden. Meine frühen Arbeiten sind stark beeinflusst durch wiederholte Toskanaaufenthalte und die Eindrücke der Cretelandschaft. Neben fast impressionistisch anmutende Landschaften treten halbfigurative Kompositionen, die primär den Menschen in seiner Beziehung zum Anderen thematisieren und zum Teil Motive der antiken Mythologie und der christlichen Symbolik aufgreifen.
Meine Arbeiten seit den 90er Jahren zeugen von zunehmender Abstraktion, die an die Lyrische Abstraktion erinnert. Die Abkehr von halbfigurativen Motiven eröffnet mir die Möglichkeit, eine neue menschliche Realität zu entwerfen, flüchtige Abbilder elementarer Seinsmomente zu schaffen, die existentiellen Grundfragen in eine reduzierte Formensprache zu transponieren. Die oben genannte Fragestellung tritt dem Betrachter nun in einer neuen Qualität ästhetischer Verschlüsselung entgegen.
Den Malprozess selbst verstehe ich vermehrt als spontane Freisetzung unbewusster Energien und existentieller Befindlichkeiten, was unter anderem in der häufig angewandten Technik des Aquarellierens seine Entsprechung findet. Auch der lavierende Auftrag anderer Malmittel verweist auf diesen Schaffensprozess. Neben Farbe, Form und Fläche tritt dabei fast ebenbürtig das Zeichnerische. Es entsteht eine Bildsprache, die gekennzeichnet ist durch die Rhythmik von Farbe und Liniengeflechten.
Die Komposition der Farbflächen zeugt oft von möglicher Harmonie, die allerdings durch die linearen Elemente durchkreuzt wird, was wiederum den Antagonismen von Ruhe und Dynamik, Geborgenheit und Entfremdung, Eintracht und Zerrissenheit Ausdruck verleiht. Die Zentrierung der Formen und die vielfach auftretende Bündelung der graphischen Momente, der zuweilen kräftigen Striche, der bewegten Linienführung, die wie feine Gewebe, fast wie Spinnennetze wirken oder die Farbflächen kraftvoll strukturieren, lassen Bildkompositionen entstehen, die das Aufeinanderprallen gegensätzlicher Kräfte, das Eindringen destruktiver, bedrohlicher Elemente symbolisieren.
Daneben will die lichte, transparente Farbigkeit der Aquarellflächen von Kalt- und Warmtönen, die insbesondere die in der Bretagne entstandenen Arbeiten kennzeichnet, Eindrücke von heiterer Schwerelosigkeit und Beschwingtheit vermitteln, wobei die graphischen Komponenten Akzente setzen, die wie Äderungen im Fels organische Formen schaffen.
Neben diese überwiegend graphisch strukturierten, rein abstrakten Bilder treten Arbeiten, die durch klare Flächen in warmen, reinen Farben bestimmt sind. Die auch hier auftretenden linearen Elemente durchkreuzen und brechen die Farbflächen nicht mehr, sondern treten hinter die Fläche zurück, heben sie hervor und unterstreichen sie, indem sie starke Umgrenzungen schaffen. So nähern sich diese Kompositionen wieder dem Figurativen.
In den letzten Jahren habe ich die Ebene des Informel mit Elementen der Figuration nicht verlassen. Auch die Themen wie menschliche Existenz, (innere) Landschaften, Metamorphosen, Vanitas, Transzendenz sind geblieben.
Neben der Malerei befasse ich mich mit keramischer Gestaltung. Auch in diesem Bereich ordne ich mich dem Informel zu; meine Arbeiten können mit einem etwas widersprüchlichen Terminus als „informelle Plastiken” bezeichnet werden.
Alle meine Arbeiten wollen Empfindungen und Assoziationen im Betrachter evozieren. Sie sind Einladungen zu einer aktiven Teilhabe. Dazu gehört auch, dass sie Spuren ihres Entstehungsprozesses zeigen, die den Betrachter in das Schaffen einbeziehen.
Malen bedeutet für mich Farben zu formen, wie es Matisse nannte, die Materialität der Farben zu betonen, andere Stoffe wie Sand oder Papier beizumischen. Dabei ist die „sinnlich-sittliche Wirkung der Farben“ (Goethe), aber auch der Formen intendiert. Ich setze verschiedene Farbkontraste ein und bin mir des „Zusammenhangs der einzelnen Farben mit anderen Farben“ (Itten) bewusst. Hinzu treten wie schon früher graphische Elemente.
Dieser rationale Aspekt meiner Malerei ist für mich unverzichtbar; ich lehne den absoluten „Automatismus“ ab. Das Rationale erfüllt allerdings gegenüber der Intuition eine dienende Funktion.